Nikolaiviertel in Berlin
Das Nikolaiviertel ist das älteste Wohngebiet Berlins mit der Nikolaikirche in seinem Zentrum.
Um das Jahr 1200 wurde die Kirche St. Nikolai fertiggestellt, eine spätromanische Feldsteinbasilika. Darum herum entwickelte sich eine Siedlung mit zwei Kernbereichen: Berlin, die etwas größere Ansiedlung, entstand östlich der Spree, das kleinere Cölln direkt gegenüber am westlichen Ufer. Beide Orte waren durch den Mühlendamm miteinander verbunden. Um das Jahr 1230 erhielten beide Siedlungen die Stadtrechte.
Wachsende Wirtschaftskraft und relativer Wohlstand erlaubten es der Bürgerschaft, ihr zentrales Bauwerk, die Nikolaikirche, schon um 1264 wesentlich umzubauen. Es entstand eine gotische Hallenkirche.
Die weitgehend erhaltenen mittelalterliche Struktur wurde über die Jahre hinweg durch neue Bauwerke unterbrochen.
1766 wurde das Ephraim-Palais mit seinen goldenen Balkonen fertiggestellt, im Volksmund bald "die schönste Ecke Berlins" genannt. Der Hofjuwelier und Finanzier Friedrichs des Großen, Veitel Heine Ephraim, hatte sich hier einen repräsentativen Wohnsitz bauen lassen.
Um 1760 wurde das Knoblauchhaus gebaut. Es war der Wohnsitz einer Einwandererfamilie aus Ungarn, die über mehrere Generationen hinweg betriebsame, wohlhabende und einflussreiche Bürger Berlins hervorbrachte.
Das 1895–1897 errichtete Kurfürstenhaus aus rotem Sandstein direkt an der Spree erhielt seinen Namen nach dem Kurfürsten Johann Sigismund (1572–1619), der hierher floh, weil er davon überzeugt war, dass in seinem Schloss die Weiße Frau spuke.
Im Zweiten Weltkrieg, zwischen 1943 und 1945, ging das Nikolaiviertel im Bombenhagel und bei Straßenkämpfen zugrunde. Nach Kriegsende wurden die Überreste beseitigt, auch einige weniger zerstörte Gebäude abgerissen.
Für die 750-Jahr-Feier Berlins im Jahre 1987 wurde auf dem Brachland ein neues Stadtviertel mit historischen Wurzeln errichtet. Es wurden die wenigen vorhandenen Gebäude restauriert und ansonsten zahlreiche Neubauten, teils mit historisierenden Fassaden, teils in angepasster industrieller Plattenbauweise besonderer Art errichtet.
Die im Zweiten Weltkrieg bis auf die Außenmauern zerstörte Nikolaikirche wurde wiederhergestellt. Eine Reihe von kleinen Bürgerhäusern im Umkreis der Kirche entstand in historischen Formen vollständig neu. Das 1936 abgetragene Ephraim-Palais wurde neu aufgebaut. Das Gasthaus Zum Nußbaum, einst Stammlokal prominenter Künstler wie Heinrich Zille, Otto Nagel und Claire Waldoff, entstand als Kopie am Nikolaikirchplatz. Als weiteres historisches Gasthaus wurde 1986 das Restaurant Zur Rippe nachempfunden.
Die Gerichtslaube des alten Berliner Rathauses ist als Kopie und zur Nutzung als Restaurant errichtet. Das Original wurde in den Babelsberger Schlosspark versetzt und ist dort heute noch anzutreffen (Fotos davon sind auf dieser Webseite zu finden).
Der Gründungsbrunnen (auch Wappenbrunnen genannt) wurde 1987 nach einem Entwurf von Gerhard Thieme aus dem Jahr 1928 errichtet. Der Brunnen besteht aus Sandstein und einer schmiedeeisernen Bekrönung, die der Kunstschmied Hans-Joachim Kunsch schuf. Die Bronzekette fertigte Stefan Kuschel an. Das achteckige Brunnenbecken von vier Metern Durchmesser ist an den Seiten mit Wappen verziert. In der Mitte steht eine sechs Meter hohe Säule, die von einem Bären bekrönt wird und der ein Wappen mit einem Adler hält. Der Brunnen soll an die Gründung der Stadt erinnern.
Die Bronzeskulptur St. Georg im Kampf mit dem Drachen, 1853 von August Kiss und von der Gießerei Lauchhammer hergestellt, stand zuvor im Volkspark Friedrichshain und ursprünglich im Hof des alten Berliner Stadtschlosses.
Die Straßen und Gassen des Viertels folgen den überlieferten Grundrissen und sind bis auf die neuzeitlich gehaltene Straße Am Nußbaum nach historischen Vorbildern gepflastert. Im Nikolaiviertel leben etwa 2000 Einwohner in rund 800 Wohnungen. 33 Ladengeschäfte, 22 Gaststätten und verschiedene museale Einrichtungen, wie die Nikolaikirche, das Knoblauchhaus und das Ephraim-Palais stehen den Besuchern zur Verfügung.