Finowkanal West Radtour
Eine Tour entlang dem Finowkanal zwischen Finowfurt und Liebenwalde.
Bekannter ist der Treidelweg entlang dem Finowkanal zwischen Niederfinow und Finowfurt. Zwischen Finowfurt und Grafenbrückschleuse besteht kein Weg direkt am Finowkanal und es muss ein weiter Bogen südlich in das Finowtal gefahren werden. Ganz unbekannt ist der Treidelweg entlang dem Finowkanal zwischen Grafenbrück und Liebenwalde jedoch nicht. Innerhalb vom Ort Zerpenschleuse führt der Weg entlang dem Finowkanal auf einer Kraftfahrzeugstraße. Zwischen Zerpenschleuse und Liebenwalde besteht ein unbefestigter Weg entlang dem Südufer, sowie ein befestigter, der allerdings einen weiten Bogen südlich bis zum Oder-Havel-Kanal macht.
Die Route begann an der Gabelung der Radwege Fernradweg Berlin-Usedom und Oder-Havel-Radweg nahe der Neuen Brücke über die Finow südwestlich von Finowfurt. Beide Radwege verlaufen bis Grafenbrückschleuse auf dem selben Weg.
Vorab einige Mitteilungen zum Neubau vom Finowkanal 1744-1746 unter König Friedrich II. (1712-1786, Friedrich der Große, Alter Fritz).
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Die wegen des anzufertigenden Finow-Kanals ernannten Commissarien (Kriegs-Rath Uhl, Land-Baumeister Dames, Fontainen-Meister Dubendorf) zeigten in dem unterm 8. May 1743 erstatteten Berichte an, daß wegen der quaestio an, oder ob der Kanal prakticable, kein Zweifel mehr überig sey, weil sie aus einem Fragmente des rathhäuslichen Archivs zu Eberswalde on Ao. 1662, wovon der Magistrat selbst nichts gewußt, entdecket hätten, daß der Churfürst Joachim Friedrich diesen Kanal bereits von Ao. 1603 bis 1608 anlegen, mit Schleusen versehen und zu Stande bringen lassen, daß solcher aber im dreißigjährigen Kriege eingegangen und werwüstet worden sey.
Man fand bey der Liebenwaldschen Brücke noch den festen Boden der ehemals daselbst gewesenen Schleuse.
Der obere Theil des Kanals von Liebenwalde bis unterhalb Grafenbrück, wo er in den Finow-Fluß fällt, wird vorangeführtermaßen die Fluth oder der alte Trödel genannt, und ist 30 bis 40 Fuß breit.
Bey Grafenbrück ist aus der Pregenitz und dem Teufels-See ein Graben in den Finow-Kanal geleitet, und aus dem Bukauschen Mühlen-Teiche, dem großen und kleinen Bukow, dem großen Udder- und Möllen-See, welche alle Verbindungen haben, fällt ein Fließ unterhalb der Grafenbrückschen Schleuse in mehrgedachten Kanal.
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(Beschreibung der Kalkbrüche bey Rüdersdorf der Stadt Neustadt-Eberswalde, 1785)
Aus der Mitteilung geht hervor, dass der sogenannte "Alte Trödel" von Liebenwalde bis unterhalb Grafenbrück an der Einmündung der Finow in den Finowkanal bestand. Heute wird hingegen der Abschnitt von Liebenwalde bis zur Zerpen-Schleuse am Wasserkreuz "Langer Trödel" genannt.
In Grafenbrückschleuse an der Schleuse Grafenbrück stand einst die Wasserbau-Inspection Grafenbrück als eine von drei Wasserbau-Inspectionen der Königlichen Wasserbauverwaltung. Ob diese bereits beim Neubau vom Finowkanal um 1745 angelegt wurde ist nicht bekannt. Die Ersterwähnung wird auf das Jahr 1816 datiert. Im Jahr 1875 wurde diese in die Wasserbau-Inspectionen Neustadt-Eberswalde und Zehdenick geteilt.
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Durch Erlaß des Herrn Handelsministers ist die bisherige Wasserbau-Inspection Grafenbrück nebst dem dazu gehörigen Dampfkessel-Revisionsgeschäften in die Wasserbau-Inspectionen Neustadt-Eberswalde und Zehdenick so getheilt worden, daß die Wasserbau-Inspection Neustadt-Eberswalde die Wasserstraße von der Oder bei der Hohensaathen Schleuse - Finow-Canal - Havel bis zur Friedrichsthalerbrücke, den Voßkamm bis zur Voßschleuse, die beiden Havel-Archen bei der Voßschleuse und den Werbelinkanal und die Wasserbau-Inspection Zehdenick den übrigen Theil der bisherigen Wasserbau-Inspection Grafenbrück umfaßt.
Potsdam, den 14. Mai 1875.
Königliche Regierung. Abtheilung des Innern.
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(Amtsblatt der Regierung in Postdam und Berlin, 1875)
In Grafenbrück bestand weiterhin eine Wasserbau-Meisterei, die als Buhnenmeisterei erwähnt wird.
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Buhne (Abweiser, Stake, Schlenge, Zunge), dammartiges Flußbauwerk, aus Stein oder aus Faschinen zusammengefügt, das mit einem Ende (Wurzel) in das Ufer eingreift und mit dem anderen (Kopf) frei in den Fluß hineinragt, um dem Fluß eine andere Richtung zu geben, oder dessen Ufer vor Abbruch zu schützen, oder durch Anschwemmung Land zu gewinnen.
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(Meyers Großes Konversations-Lexikon von Hermann Julius Meyer, 1903).
Liste mit Erwähnungen der Wasserbau-Inspektoren in der Wasserbau-Inspection Grafenbrück:
1836 Wasserbau-Inspektor Blankenburg.
1840 Wasserbau-Inspektor Blankenstein.
1847 Wasserbau-Inspektor Blankenstein.
1850 Wasserbau-Inspektor Blankenburg.
1852 Wasserbau-Inspektor Blankenstein.
1859 Wasserbau-Inspektor Blankenstein.
1860 Wasserbau-Inspektor Wohlbrück.
1874 Wasserbau-Inspektor Wohlbrück, Bau-Rath in Grafenbrück.
Wahrscheinlich ist Blankenburg und Blankenstein ein und die selbe Person.
Am 24. Juni 1860 berichtet die National-Zeitung: "Der Deich-Inspektor Wohlbrück zu Hohensaaten ist zum Königlichen Bau-Inspektor ernannt und demselben die Wasserbau-Inspektor-Stelle zu Grafenbrück bei Neustadt Eberswalde verliehen worden." 1869 wird berichtet: "Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: Dem Wasserbau-Inspektor Wohlbrück zu Grafenbrück bei Neustadt Ew. den Charakter als Baurath zu verleihen."
1861 gab es eine Neugliederung in den Provinzial-Verwaltungsbehörden in der Mark Brandenburg, bei der die drei Wasserbau-Inspektoren erwähnt werden: "Die Ministerial-Militär- und Baukommision der Residenz zu Berlin ist für die Militär-, Bau- und sonstige ihr zugewiesene Verwaltungs-Angelegenheiten an die Stelle der vormaligen Berliner Regierung getreten.
Ressort 11: Bau-Beamte, nämlich Wasserbau-Inspektoren in Grafenbrück, Thiergarten-Schleuse bei Oranienburg und Havelberg. Wasserbau-Meister in Lenzen und Köpenick. [sowie weitere Bau-Inspektoren und Kreis-Baumeister]."
Ein vermutliches Magazingebäude von 1802-1804 der Wasserbau-Inspection Grafenbrück ist zum Restaurant Schleusengraf ausgebaut worden.
In Grafenbrück steht zudem das alte Forsthaus Grafenbrück. Über die Förster in diesem Forsthaus ist folgendes bekannt.
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1822: An die Stelle des pensionierten Oberförsters Kellner ist der Feldjäger Bauermeister I. zum Oberförster zu Grafenbrück, in der Forstinspektion Neustadt-Eberswalde, ernannt worden.
1853: Oberförster Krüger in Grafenbrück, Oberförsterei Biesenthal.
1857: Oberförster Vogelgesang.
1862: Oberförster Vogelgesang.
1865: Vogelgesang, Oberförster zu Grafenbrück (Oberförsterei Biesenthal), am 1. Oktober 1864 nach Bischofsrode, Merseburg, versetzt.
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In Marienwerder steht an der Krugbrücke ein altes Restaurant mit Saal namens Gaststätte "Zum Goldenen Anker", das 1899 erbaut wurde und seit 1920 ein Familienbetrieb ist.
Bei Zerpenschleuse besteht das Wasserkreuz vom Finowkanal mit dem Oder-Havel-Kanal von 1914. Die Zufahrt in den Finowkanal vom Wasserkreuz nach Liebenwalde war von 1925 bis 2016 an der Zerpen-Schleuse gesperrt, weil diese zugeschüttet war.
Der Ort Zerpenschleuse entstand aus der Colonie Berg am Nordufer und der Colonie Kienitz am Südufer, die beim Neubau vom Finowkanal entstanden. An beiden Ufern stehen entlang dem Finowkanal die sogenannten alten Schifferhäuser.
Der befestigte Weg von Zerpenschleuse nach Liebenwalde führt über das Forsthaus Angra Pequena und das Forsthaus Rehhorst. Der Name "Angra Pequena" ist portugiesisch und bedeutet Kleine Bucht. Solch eine Bucht besteht vor der Stadt Lüderitz in Namibia, ehemals Kolonie Deutsch-Südwestafrika, die auch Lüderitzbucht genannt wird. Die Stadt hat ihren Namen von Franz Adolf Eduard Lüderitz (1834-1886), der diese 1883 über den Kaufmann Heinrich Vogelsang erwarb.
In Liebenwalde zweigt der Finowkanal vom Vosskanal (Baujahr 1880-1882 als Zehdenick-Liebenwalder Canal, sowie auch Voßkanal geschrieben) ab. In dieser Gegend standen einst mehrere Werke und Fabriken. Anfangs Schneidemühlen und Sägewerke, später verschiedene Industriebetriebe. Direkt am Finowkanal sowie mit Anschluss an die Bahnstrecke Wensickendorf-Liebenwalde der Heidekrautbahn stand einst das Sägewerk von Emil Schönberg, sowie das Lidas(sa)werk Emil Schönberg. An dessen Stelle errichtet dieser 1915 die Chemische- und Dungpulverfabrik Emil Schönberg. 1937/1938 wurde diese Fabrik zu den Pektin-Werke Liebenwalde Dr. Peter Hussmann. 1945 wurde das Werk zerstört und anschließend wiederaufgebaut. 1947 bekam das Werk den Haltepunkt Liebenwalde Pektinwerke, der später in Haltepunkt Sandberge umbenannt wurde, an der Heidekrautbahn. 1949 wurde der Eigentümer enteignet und wagte einen Neubeginn in Hessisch-Oldendorf sowie kurz danach auf dem Flugplatz in Großenbrode/Holstein [siehe Pektin-Skandal]. 1950 firmierte das Werk bereits als VEB Pektinwerk Liebenwalde. In dem Werk bestand zu DDR-Zeiten der Arbeitsbereich Lumineszenzforschung Liebenwalde / Arbeitsgruppe für Lumineszenzforschung Liebenwalde vom Zentrum für wissenschaftlichen Gerätebau der Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Physikalisch-Technisches Institut, Institut für Strahlungsquellen Berlin, (kurz: ZWG der AdW Außenstelle Liebenwalde / ZWG Betriebsteil Liebenwalde). Ab 1985 wird an der Adresse das Auslieferungslager Liebenwalde vom Versorgungskontor Industrietextilien Berlin erwähnt. 2011 ist auf dem Fabrikgelände die Firma KMR Kabel-Metall-Recycling GmbH ansässig, die eine Anlage zur Kabel- und Transformatorenzerlegung (Rotormühle) mit Kapazität 15000 t/a betreibt und deren Tätigkeiten Transformatorenzerlegung mit Kapazität 6000 t/a sowie Lagerung von Abfällen mit Kapazität 26500 t/a sind.
Ab Liebenwalde endet der offizielle Oder-Havel-Radweg. Anschlussmöglichkeiten bestehen über Wandlitz und Oranienburg nach Berlin. Die Route der Radtour führte allerdings weiter über das Dorf Hammer zum Jagdschloss Groß Schönebeck und von da über einen alten Weg zur Schleuse Rosenbeck im Werbellinkanal am Fernradweg Berlin-Usedom.